erstellt am 25.11.2003 um 11:52 Uhr
„Einfach anfangen“?!Wie ich bei dieser Werbung immer aus der Haut fahren könnte.
Ich weiß nicht, ob Ihr diesen Werbespruch kennt. Das Ministerium für Arbeit Mecklenburg-Vorpommern wirb so für mehr Existenzgründungen im Land.
Mehr Risikobereitschaft ist gefragt. Selbständig sein, das kannst auch Du. Na toll! Aber gibt es auch ein Instrument, um die unverschuldet Gescheiterten, die Risikobereitschaft übernommen haben, wieder aufzufangen? Gegen alles gibt es eine Versicherung. Warum nicht gegen Zahlungsunfähigkeit? Ist das Risiko etwa zu hoch?
Heute stand wieder ein sehr schöner Artikel über einen Existenzgründerkurs in der Zeitung. Sicherlich kann der Existenzgründerkurs dabei helfen, das Risiko auf dem Weg in die Selbständigkeit so klein wie möglich zu halten. Auch ich habe diesen Weg gewählt und habe einen entsprechenden Lehrgang mitgemacht. Es wurden sehr sachkompetent alle Aspekte und Risiken einer Selbständigkeit abgeklopft und ein Unternehmenskonzept erstellt, welches den zukünftigen Erfolg der Unternehmung dokumentiert. Und wer danach immer noch den uneingeschränkten Willen hat, sich selbständig zu machen, der fängt dann einfach an, denn es ist ja mehr Risikobereitschaft gefragt und man möchte nicht als Feigling dastehen. Aber was ist, wenn es doch nicht so läuft, wie es so schön im Unternehmenskonzept dargestellt wurde. Wenn die Zahlen nicht stimmen bzw. nicht erreicht werden, wenn kein Coaching mehr helfen kann und keine Bank den Beteuerungen glaubt, dass sich bald der erhoffte Erfolg einstellen wird? Dann haftet ganz alleine der risikobereite Jungunternehmer für den Geschäftsausfall. Und wenn er es im Vorfeld nicht verstanden hat, es den Großen nachzumachen und sein weniges Hab und Gut vor dem Fiskus und den Gläubigern in Sicherheit gebracht hat, dann haftet er mit allem, was er sich in mühevoller Kleinarbeit aufbaute. Die Zeitungen sind ja täglich voll mit den berühmten kleinen enggedruckten Anzeigen, die zum großen Teil solche Schicksale bekunden. Es gibt keine Versicherung gegen die unverhoffte Auftragsflaute, gegen das plötzliche Ausbleiben von Kunden, gegen die unfaire Masche Rechnung spät oder gar nicht zu bezahlen. Und kein Unternehmensberater wird die Schuld jemals für das Scheitern auf sich nehmen und für den entstandenen Schaden aufkommen. Die Verantwortung, sich und seiner Familie im Falle des Scheiterns einen Berg Schulden aufgebürdet zu haben, nimmt dem Existenzgründer keiner ab. Aus solchen Situationen wieder herauszukommen kostet Kraft und vor allem Geld, das ein Jungunternehmer im Allgemeinen nicht hat, um Zeit zu überbrücken und sich neue Strategien auszudenken, um auf dem Markt weiter bestehen zu können. Letztendlich bleibt dann nur noch der Gang zur Schuldnerberatung. Dieses Instrument sollte übrigens bei den Existenzgründungskursen unbedingt Erwähnung finden. Denn das ist die einzige Stelle, die einen mit ihren bescheidenen Mitteln echte Hilfe geben kann.
Ich für mein Teil habe erst einmal genug von Existenzgründungen. Es schwirren zwar noch einige Ideen und Konzepte in meinem Kopf herum, aber wie heißt es immer so schön: „Ohne Moos nichts los!“ Da helfen auch keine „ICH AG“ - Programme oder noch so prall gefüllte Fördertöpfe, die von den durchleitenden Banken mit Argusaugen bewacht werden.
In diesem Sinne wünsche ich allen risikobereiten Existenzgründern viel Glück auf allen Wegen. Lasst Euch von Euren Vorhaben nicht abbringen, aber trefft bei aller Euphorie für Eure Idee auch Vorsorge für den Fall der Fälle, falls es mal nicht so läuft.
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erstellt am 25.11.2003 um 11:52 Uhr